Stalkingparagraph und Gewaltschutzgesetz wurden reformiert
 
Zum 1. März 2017 ist das überarbeitete Gesetzes zum Schutz gegen Nachstellungen in Kraft getreten. Für das „Mayener Forum gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ und den Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Anlass, auf die sich daraus ergebenden Änderungen hinzuweisen.
Rechtsanwältin Marina Stieldorf vom Mayener Forum: „Wenn eine Frau früher ein sogenanntes ‚schwaches Opfer‘ war und dem Stalking nicht standhalten konnte, ist sie beispielsweise weggezogen oder hat den Arbeitsplatz gewechselt. Dann hat das Stalking rechtlich zum Erfolg geführt und konnte strafrechtlich verfolgt werden.
War die Frau dagegen ein sogenanntes ‚starkes Opfer‘ und hat dem Stalking standgehalten, war das Stalking rechtlich nicht als Erfolg zu werten und wurde nicht strafrechtlich verfolgt. Dies ist nun anders: Das Opfer, egal ob schwach oder stark, muss seine Lebenswelt, seine Lebensumfeld nicht ändern. Stalking wird strafrechtlich verfolgt.“

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Hinter der alten Rechtslage stand das Gesetz§ 238 StGB. Danach musste sich ein „gewisser Erfolg“ einstellen, damit ein strafbares Stalken festgestellt werden konnte: Durch die Handlungen des Täters musste sich die Lebenssituation des Opfers ändern. Das geschieht, wenn das Opfer beispielsweise dem Druck des Stalkers ausweicht und Arbeitsstelle oder Wohnungsort wechselt. Diese sogenannten „Schwachen Opfer“ unterscheiden sich von den „Starken“. „Starke Opfer“ zeigen sich psychisch stark und halten dem Druck des Täters stand, behalten also trotz des Stalkings ihre Wohnung und ihre Arbeitsstelle. Diese „Starken Opfer“ aber wurden vom Gesetz benachteiligt genauso wie jene Opfer, die wegen Geldmangels nicht umziehen und den Arbeitsplatz wechseln konnten. Da die Strafbarkeit also u.a. von der psychischen Verfassung des Opfers abhing, hat der Gesetzgeber gehandelt und ein sogenanntes „Erfolgsdelikt“ in ein „Gefährdungsdelikt“ umgewandelt. Marina Stieldorf: „Damit reicht, wie wir in der Juristensprache sagen, eine bloße objektive Eignung aus, die zu schwerwiegenden Lebensbeeinträchti¬gungen des Opfers führen kann. Stalken wird nicht mehr als Privatklagedelikt gesehen. Die Staatsanwaltschaft kann also das Opfer nicht mehr zurückweisen und bei Strafverfolgung auf den Privatklageweg verweisen. Die Staatsanwaltschaft muss jetzt selbst weiter ermitteln.“
Im Zusammenhang mit der Reform wurden auch das Gewaltschutzgesetz und das Verfahrensrecht in Familiensache geändert. Einem beim Gericht erreichten Vergleich kommt eine höhere Bedeutung zu, indem dieser gerichtlich bestätigt wird. Hält sich eine Partei nicht an den Vergleich, kann dieses Missachten strafrechtlich verfolgt werden. Die Reform des Stalkingparagraphen bedeutet mehr Rechtssicherheit für die Opfer. Nicht mehr das Verhalten des Opfers, ob stark – ob schwach, sondern die Tat des Stalkers rückt in den Fokus, eine Reform, die überfällig war.

Das „Mayener Forum gegen Gewalt“ bilden: Amtsgericht Mayen, IST Interventionsstelle Cochem/Mayen des Caritasverbands Rhein-Mosel-Ahr e.V., Deutscher Kindeschutzbund Mayen-Andernach e.V., Gesundheitsamt und Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Mayen-Koblenz, der Stadt Mayen und der Verbandsgemeinde Mendig, JHZ Bernardshof, Jobcenter Landkreis Mayen-Koblenz – MYK-Netz, Jugendamt Stadtverwaltung Mayen, Katholische Familienbildungsstätte, Lebensberatung Mayen, Polizeiinspektion Mayen, die Kriminalprävention des Polizeipräsidiums Koblenz, der WEISSE RING, drei Rechtsanwältinnen und die Gerichtshilfe der Staatsanwaltschaft Koblenz. Der Arbeitskreis gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen – Region Mayen, Maifeld, Mendig Vordereifel zielt seit seiner Gründung im Jahr 2006 auf die Optimierung des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder in Mayen und Umgebung.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich auf der Homepage des Mayener Forums gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen:
www.mayener-forum-gegen-gewalt.de